Ein neuer Motor für die MTH BR 185 (Teil 1)

Nachdem wir Nuller der modernen Bahn (ab Epoche IV) schon fast nicht mehr daran glauben wollten, dass auch wir mal preiswerte, neuzeitliche Modelle bekommen würden, hat uns dann der amerikanische Hersteller MTH mit einem tollen ersten Wurf an Fahrzeugen überrascht und alle Kritiker überzeugt, dass da auch wirklich etwas kommen wird. So war die Freude natürlich riesengross gewesen, als auch wir plötzlich so tolle Modelle in Händen halten konnten wie die BR 185, die MTH Re 482 SBB Cargo und die Eanos Wagen in verschiedenen Ausführungen. Wir hatten uns vorgestellt, wie diese tollen Loks sich in den vorhandenen Fuhrpark einreihen und unsere Züge ergänzen würden.

BR 185 in Vorbild...

BR 185 in Vorbild…

... und die BR 185 im Modell

… und die BR 185 im Modell

Das Problem

Aber leider kam es nicht ganz so wie angedacht, denn während sich die Digitaler anfangs mit dem amerikanischen Digitalsystem zwar schwer taten, viele Problem aber nach und nach lösen konnten, war die Enttäuschung für uns Analog-Fahrer gross gewesen. Es stellte sich heraus, dass diese Loks sich erst mit einer Fahrspannung von rund 8.5 Volt in Bewegung setzten und dann ein mäßiges Fahrverhalten zeigten, weil der Regelbereich klein und dadurch die Regelbarkeit schlecht war. Dass dabei jeweils beim Fahrtrichtungswechsel die Pantos ruckelnd rauf und runter gingen und die Lok komische Töne (äh sorry, Sound) von sich gab, waren keine Entschädigung dafür. War die Lok mal in Fahrt, dann machten sich auch noch die Zahnräder mit dem grossen Modul bemerkbar, d.h. das Geräusch wurde recht laut und knarrend, vor allem bei grösseren Anhängelasten.

Na ja, dafür hatten wir endlich einmal ein tolles Modell im Lenz-Stil bekommen, auch wenn es noch Kinderkrankheiten aufwies. Also hiess es abwarten, bis auch MTH diese Probleme erkannt hat und eine Lösung für die Analog Fahrer anbieten würde, denn das beschriebene Verhalten würden sie ja sicher nicht auf sich sitzen lassen (so wie wir es von Lenz und jetzt auch von MBW kennen). Dies wurde durch die Vertreter dem Hersteller auch ganz deutlich aufgezeigt, denn was in Amerika Stand der Modellbahn sein mag, muss noch lange nicht auf europäische Modellbahnen und Systeme passen. Der nächste Wurf würde dann diese Mängel sicher beseitigt haben…

Aber es kam anders. Alle folgenden Modelle sind nach dem genau gleichen Prinzip gebaut, mit dem gleichen amerikanischen Decoder und 6 V Fahrmotoren, die sich nur digital gut regeln lassen. Analog Fahrer scheinen im hochentwickelten? Amerika offenbar kein Thema zu sein und dort misst man Loks an all den Features, die sie neben dem eigentlichen Fahren noch aufweisen, Pfeifen, Kreischen, Fauchen, Singen etc.

Dies war für mich nun der Auslöser gewesen, die Sache mindestens mal für mich selbst in die Hand zu nehmen, denn der Komplettumbau von HERMANN zu einer eigentlich HERMANN-Lok war für mich aus Kostengründen nicht die Lösung gewesen. Von anderen Anbietern in dieser Sache ist mir bis jetzt nichts bekannt.

Also erst mal den Kauf des MTH Krokodils mit den Xenon Schweinwerfern abbestellt und die Taurus Bestellung in einen Dummy geändert. Denn was nützen mich die ganzen sicher höchst interessanten „Innereien“, wenn ich die Lok so nicht mit meinen anderen vorhandenen Fahrzeugen mit Glockenankermotoren (Faulhaber, Maxon) vernünftig fahren lassen kann. Ich möchte diese Loks nicht nur als Solofahrzeuge einsetzen und sie sollen in Automatikbetrieben ein ähnliches Fahrverhalten aufweisen wie vorhandene Modelle.

Aber nach so viel Negativem soll auch eine Lanze für MTH gebrochen werden, denn an und für sich bietet man uns da ganz tolle und sehr preiswerte Modelle an, wie wir es bis jetzt ausser bei Heljan (NOHAB), Lenz und neu auch MBW nicht gekannt hatten. Und dies auch für top moderne Fahrzeuge für den aktuellen Bahnbetrieb, wie wir ihn vor allem in der Schweiz lieben, während man in anderen Ländern immer noch dem Museumsbetrieb nachhängt…

 Lösung des Problems

Also habe ich mich an meine altbekannten Lösungen mit den Faulhaber Tatzlager Antrieben erinnert und beschlossen, die BR 185 RAILION ebenfalls entsprechend umzubauen. Wie meist bei mir üblich, versuche ich dabei von den vorhanden Konstruktionen soviel wie möglich zu übernehmen, im Gegensatz zum Beispiel unten, das zu einer Deutz Diesellok gehört, die aber kein gescheites Innenleben hatte.

Anregung ware eine Deutz Diesellok

Anregung ware eine Deutz Diesellok

Nun musste ich mich erst mal mit dem amerikanischen Kabelverhau und der entsprechenden Konstruktion auseinander setzen, brrrr, welch ein Graus. Die Abneigung war sehr gross gewesen, vor allem schon wegen der ungewohnten Drehgestell Befestigung via Motor und einem weit aus der Drehgestellmitte verschobenen Drehpunkt. Schneckenantrieb, irgendwie undurchschaubare Verkabelung an den Drehgestellen, aussenliegende und gut sichtbare Zahnräder zwischen Achse 1 und 2, alles Mist. Aber Moment mal, wie haben denn die das mit der Stromabnahme gelöst, kann ja gar nicht funktionieren, muss ja einen Kurzschluss geben, die Lok kann so überhaupt nicht fahren…aber sie fährt trotzdem.

Also wo liegt denn nun das Geheimnis der amerikanischen (oder chinesischen?) Konstruktionen? Und siehe da, plötzlich musste ich meine vorgefasste negative Meinung gewaltig revidieren, denn die Drehgestelle beinhalten höchst raffinierte Konstruktionsdetails, wie ich sie bis heute nicht gekannt hatte. Mit diesen lassen sich die gleichen Drehgestelle sowohl für eine linke und rechte Variante einsetzen und mit dem Anbau des mitgelieferten Mittelschleifers und dem Umlegen eines Schalters hat man bereits eine 3-Leiter Version. D.h. die Lok ist für beide Systeme gebaut und ausser dem Schleifer braucht es keinerlei weitere Modifikationen.

Kennen wir Europäer das auch? Sorry, wir haben ja bis auf ein paar Ausnahmen, keine 3-Leiter Anlagen mehr, d.h. dann sind wir den Amis eben in diesem Modellbahnbereich doch um einiges voraus.

Daraus erklären sich auch die z.T. dünnen Radlagerblenden, auch bei den Wagen, denn somit ist genug Platz auch für breitere „Tinplate-Radsätze“. Bei der 185 sind dagegen die Drehgestellblenden auch zu weit aussen angebracht, was aber relativ einfach geändert werden kann.

So ging es nun nach diesen Erkenntnissen mit positiver Einstellung weiter an das bisschen Konstruktion resp. an die Fräse, ans Probieren und auch ans CAD. Aber ich hatte die Rechnung ohne den Wirt gemacht, denn die vorhandene Konstruktion hat mir einiges an Kopfzerbrechen gemacht um den an und für sich doch so einfachen Antrieb einzubauen. Ich habe da um jeden halben Millimeter gekämpft und auch die Zahnradauswahl war nicht einfach, denn ich wollte unter allen Umständen verhindern, dass noch ein Zwischenzahnrad benötigt wird, denn dies hätte die Sache nur aufwendiger gemacht und hätte auch mehr Präzision erfordert.

So stand nach vielen Stunden und durchstudierten Nächten endlich das Prototyp Drehgestell auf dem Gleis. Das zweite wurde dann anhand der daraus resultierenden CAD Zeichnungen gefertigt und ich war mit der Lösung zufrieden.

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9 Reaktionen zu “Ein neuer Motor für die MTH BR 185 (Teil 1)”

  1. Eine Remotorisierung in Ehren — aber wäre es bei *dem* Aufwand, nur um eine Lok von digital auf analog zurück zu bauen, nicht günstiger und einfacher gewesen, eine Digitalzentrale statt eines analogen Handregler anzuschließen? Die anderen Loks können ja weiterhin analog fahren.

    Oder, um es mal ganz deutlich zu sagen: Wer über rückständige Konstruktionen schimpft, sollte nicht selbst rückständige Technik preisen.

    Tobi

  2. Stefan

    Hallo Herr Meyer,

    Jedem Tierchen sein Pläsierchen…
    Mal darüber nachgedacht, dass es Menschen gibt, die absolut keinen Bock auf Digital haben?

    Ich gehöre definitiv dazu…

    Ich finde den Umbau klasse, zumal ich vor Jahren schon auf Peters Antriebskonzept zurück gegriffen habe und die Hermann-Lösung preislich jenseits von Gut und Böse ist.

    Denkt

  3. Peter

    Also ich finde den Umbauvorschlag auch spitze, denn Peter hat mit seinen Feststellungen absolut recht. Ich bin auch ein “Analogiker” und kann an der vorgeschlagenen Technik auch bei noch so intensivem drüber Nachdenken beim besten Willen keine rückständige Technik erkennen. Im Gegenteil ! Da muss endlich was Vernünftiges her ! Fakt ist doch, dass der MTH-Antrieb eher in die Kategorie Kinderspielzeug einzuordnen ist. Und darum geht es bei dem Vorschlag doch wohl auch ? Und nicht um den billigen Austausch eines musikproduzierenden Dekoder, damit die Lok im Zimmer zum original Antrieb schön melodisch scheppert… Also ich bin sehr, sehr an dem Konzept interessiert !

  4. Jack Coleman

    Hallo

    Der Ansatz ist gut, viele wollen nicht sämtliche alten Loks auf digital umrüsten, aber dennoch alles mit gleichem Antriebsstrom versorgen. Daher will man die neuen Loks analog fahren.

    Eventuell alternativ findet sich jemand, der elektronische Bausteine anfertigt, die bei Analogbetrieb die Motoransteuerung elektronisch regeln könnten. Diese wären dann gegen den (MTH) Dekoder zu tauschen und die Lok könnte analog vernünftig betrieben werden.

    jack

  5. Peter Backes

    Für Herrn Meyer scheint es nicht das Richtige zu sein. Ich hingegen finde den Umbauvorschlag spitze, denn Peter Lehmann hat mit seinen Feststellungen doch absolut recht. Ich bin auch ein “Analogiker” und kann bei dem vorgeschlagenen Umbau auch bei noch so intensivem drüber Nachdenken beim besten Willen keine rückständige Technik erkennen. Im Gegenteil ! Da MUSSTE doch endlich mal was vernünftiges her ! Fakt ist doch, daß der MTH-Antrieb eher in die Kategorie Kinderspielzeug einzuordnen ist. Und um den Antrieb geht es doch wohl auch bei dem Umbau ? Und nicht um den billigen Austausch eines musikproduzierenden Dekoders, damit die Lok im Zimmer zum original Antrieb schön melodisch scheppert …. Also ich bin sehr, sehr an dem Konzept interrssiert !

  6. Tobias (II)

    Ich muss leider dagegenhalten: Der MTH-Antrieb ist alles andere als Kinderspielzeug!
    Warum? Wer die Lok im DCS-System betreibt, stellt schnell fest, wie unzulänglich das DCC-System ist!!
    Oder anders und deutlich ketzerischer ausgedrückt: Ich finde es speziell, wer (s)einen Porsche statt auf 6 nur auf 3 Zylindern fährt und zur Verbesserung dieser Unzulänglichkeiten in den Antrieb Fahrradtretkurbeln einbaut.

    Tobias (II) (ein anderer als der o.g.)

    • Stefan Karzauninkat

      Hallo,
      Interessantes Thema. Das SNM Forum ist der geeignete Platz für eine sachliche und differenzierte Diskussion mit fundierten Argumenten; ich bitte an dieser Stelle von allzu blumigen Vergleichen abzusehen.
      Freundliche Grüße, Stefan Karzauninkat

  7. Versteht mich bitte nicht falsch, eine gute analoge Motorisierung ist gold wert. Auch bei einer Digitalisierung braucht man eine gute Basis.

    Ich kann es auch als Motivation für die Umrüstung völlig nachvollziehen, dass eben alles analog ist und trotzdem einwandfrei fahren soll. Nur mag ich dieses Schlechtreden der digitalen Konstruktion nicht akzeptieren. Diese Lok ist nunmal eine mechatronische Lok, keine einfache ab Werk digitalisierte Analoglok mehr. Sie hat Funktionen, die mit analog niemals möglich wären. Solche Loks gibt es auch in anderen Baugrößen, und sie setzen sich immer mehr durch. Das liegt aber nicht daran, dass den dummen Digitalbahnern schlechte Antriebe egal wären, sondern daran, dass sie bei digitaler Ansteuerung einen deutlichen Mehrwert bieten. Diesen Mehrwert verbaut sich mit analoger Ansteuerung, und dies nun durch eine komplexe Remotorisierung zu kompensieren, empfinde ich als verwunderlich. Ich muss aber zugeben, gerne mit digitalen Möglichkeiten und Zusatzfunktionen zu spielen.

    Ich bin gespannt auf den Umbau!

    Tobi

  8. t aus hb

    Hallo!

    Eine an sich gute Idee etwas zu verbessern. Dennoch bleib es traurig, das MTH es nicht von alleine schafft, für dann doch viel Geld etwas Vernünftiges zu liefern. Die s3/6 war auch schon Nichts…

    Gruss aus Bremen