Entstehung der Fenstereinsätze für Rivarossi Wagen

Einleitung

Vor vielen Jahren hatte ich in einer Modellbahnzeitschrift mal ein Photo eines Handmusters von einem deutschen Hersteller (Kiss?) gesehen, bei dem ein Rivarossi D-Zugwagen in einen blau/weissen Interregio Wagen umgespritzt worden war. Nach einer späteren Fahrt in diesem Zug von Konstanz durch den Schwarzwald, inklusive Besuch im Bistrowagen, war für mich klar, dass ich mir unbedingt so einen schönen Zug bauen wollte. Die Farbgebung und das Ambiente dieser Wagen hatten es mir einfach angetan und es ist für mich nach wie vor das schönste und gemütlichste Design, das ich kenne. Ist auch kein Wunder, da ja diese Wagen dem Konzept einer “Organischen Gestaltung” entsprungen sind, die ein menschenwürdiges Umfeld zum Ziel hat. (Weitere Beispiele für organisches Gestalten kann man unter www.organische-architektur.org nachlesen.)

Das Endergebnis: Bündige Scheiben und vorbildgetreue Fensterrahmen

Das Endergebnis: Bündige Scheiben und vorbildgetreue Fensterrahmen

Vorgeschichte

So begann ich einfach mal in einem ersten Anlauf mit dem Umspritzen eines Wagens – nach dem Vorbild eines Roco Wagen – mittels Spraydose, ohne die richtige Farbgebung zu kennen. Doch bald darauf musste ich feststellen, dass es ohne Airbrush und die richtigen RAL-Farbtöne doch nicht geht. So wählte ich dann 6 Wagen aus. Auch ein Bistrowagen sollte dabei sein, der wurde aus einem 1. und einem 2. Klassewagen gebaut. Später konnte ich dann dank eines Gussteils vom leider viel zu früh verstorbenen Josef Aschermann auch den Steuerwagen in Angriff nehmen, so dass aus dem Projekt ein 7 Wagen Zug entstand bzw. immer noch am Entstehen ist.

Interregio Lackierung

Interregio Lackierung

Natürlich machte ich mir zum damaligen Zeitpunkt noch keine großen Gedanken über Fenster, denn dafür würde es dann schon eine Lösung geben. Und diese „paar Fenster“ etwas zu sägen und zu feilen sollte ja kein so großes Problem sein. Die Fensterrahmen würde ich dann einfach mit einem Silberstift nach der bekannten Methode nachziehen. Was das bei ca. 330 Scheiben wirklich bedeuten würde, wurde mir dann erst viel später richtig klar. Außerdem bin ich kein Mensch für Serienarbeit.

Durch private Umstände hat sich dann der Weiterbau über Jahre hinaus verzögert, bis dann endlich die Wende in meinem Leben eintrat und ich auch wieder Lust, Energie und Zeit fürs Hobby bekam. Dies habe ich vor allem auch meiner heutigen Lebenspartnerin zu verdanken, wofür ich ihr sehr dankbar bin.

In der Zwischenzeit hatte ich begonnen, aus einem Rivarossi Wagen durch Zufügen neuer Seitenwände einen TEE-Großraumwagen zu bauen, was recht gut gelungen war. Details sollen in einem weiteren Artikel folgen. Da aber dieser Wagen vor allem nach einer neuen Fenstergröße und -farbe verlangte, reifte die Idee, Fenster aus Plexiglas mittels der CAD Daten zu fräsen, die ja bei der Aufzeichnung der neuen Seitenwand entstanden waren. Zugleich könnte man mit den gleichen Daten auch passende Fensterrahmen ätzen. Nachdem nun diese Idee erfolgreich am Prototypwagen umgesetzt werden konnte, war natürlich auch der Weg frei für die Original Rivarossi Wagen und Umbauten daraus.

TEE Lackierung

TEE Lackierung, aus diesem Prototypen entstand die Idee für die Serie

Fenstereinsätze

Die Fenster sollten aus Plexiglas gefräst werden, die von der Wageninnenseite auf Anschlag eingesetzt werden können, so dass sie außen bündig mit der Seitenwand abschließen.

Die ersten Plexiglas-Fenstereinsätze hatte ich in der Zwischenzeit auch bereits mal auf meiner eigenen kleinen CNC-Fräse gefertigt, sodass ich diese unter leichtem Druck in die Fensterausschnitte in der Seitenwand pressen konnte. Die Dicke der Scheiben spielt übrigens keine große Rolle. Das konnte ich bereits vorher bei den Fenstern, die von der Vereinigten Spur 0 Freunde Zentralschweiz hergestellt wurden, feststellen. Leider sind diese meines Wissens nicht mehr erhältlich, aber dafür gibt es dort sonst noch viele Tipps für den perfekten Anlagenbau inklusive einer interessanten Broschüre „15 Jahre VSFZ“.

Unmontierte Plexiglas Scheiben, Milchglas Scheibe fürs WC

Unmontierte Plexiglas Scheiben, Milchglas Scheibe fürs WC

Leider hatte ich aber bei meinen Interregio-Wagen und auch bei den beiden zwischenzeitlich im gleichen Design gespritzten roten IC-Wagen die ursprünglichen Fensterrahmen stehen lassen in der Annahme, dass die Rahmen ja nur mit dem Filzschreiber übermalt würden. Aber nach soviel Umbau- und Spritzarbeit war ich einfach nicht mehr bereit, diese Methode anzuwenden. Zum einen aus Qualitäts- und Zeitgründen, zum anderen, weil das „Aufzittern“ der Farbe zu viel Raum für Fehler lässt. Aber die Fensterrahmen jetzt nachträglich noch entfernen? Diese Arbeit erschien mir hinsichtlich Aufwand und Erfolg unrealistisch. So blieb wohl nur noch ein geätzter Rahmen wie schon beim TEE-Wagen, wo es aber wegen der neuen Seitenwand keine Fensterrahmen am Wagenkasten gab.

Intercity Lackierung

Intercity Lackierung

Geätzte Fensterrahmen

Nach dem Ausmessen am Vorbild im Bahnhof Lindau – mit Unterstützung eines sehr zuvorkommenden Schaffners eines ALEX – nahm ich dann Kontakt mit meiner Ätzfirma auf, um die Situation zu erörtern. Dort hatte ich ja bereits die Rahmen für den TEE-Wagen ätzen lassen. Nach einer Mail mit Zeichnungen und Photos und 2 klärenden Telefongesprächen schien die Situation für den Ätzer offenbar schon klar. Seine guten Ideen sollten so umgesetzt werden, dass sehr dünne Fensterrahmen entstehen sollten, die aber trotzdem noch eine Tiefenwirkung haben. Ich war natürlich etwas skeptisch, aber der Ätzer bot mir an, mal eine Probeätzung zu machen, die man nachher noch anpassen könne. Zu meiner riesengroßen Überraschung bekam ich innerhalb kurzer Zeit ein Produkt, das mehr bot, als ich eigentlich unter den gegebenen Bedingungen erwarten konnte, denn schließlich sind ja die vorhanden angespritzen Fensterrahmen immer noch am Wagenkasten.

Die Rahmen waren in der Handhabung auch stabiler als ich angenommen hatte. Für mich bedeutet das, dass ich Ätzungen lieber bei einem Profi machen lasse, als in Versuchung zu kommen, auch das noch selber machen zu wollen.

Fertig geätzte Fensterrahmen

Fertig geätzte Fensterrahmen

Montage der Fensterrahmen

Da die Fensterrahmen am Vorbild breiter sind als die am Rivarossi Wagen, konnte ich das gleiche Prinzip der Überlappung wie am TEE-Wagen übernehmen: Die geätzten Rahmen decken nach dem Aufkleben den Spalt zwischen Seitenwand und Plexiglasfenster ab. Damit sehen die ganzen Fenstereinsätze verblüffend echt aus und die Wagen bekommen ein ganz neues Aussehen. Aber was ist mit der Wirkung der Dicke der angespritzten und der zusätzlich aufgeleimten Rahmen? Erstaunlicherweise alles halb so schlimm, denn es hat sich bereits beim Spur 0 Treffen in Buchloe gezeigt, dass dies bei normalem Betrachten kaum sichtbar ist. Ich musste dort Hobbykollegen immer wieder beweisen, dass die Originalrahmen noch drauf sind. Erst beim Betrachten in einem ganz flachen Winkel und bei entsprechendem Licht kann man die Dicke etwas erkennen.

Der Schlitz zwischen Rahmen und Wand ist selbst in der Nahaufnahme kaum zu erkennen.

Der Schlitz zwischen Rahmen und Wand ist selbst in der Nahaufnahme kaum zu erkennen.

Umbau-Philosophie

Kurz rekapituliert, was war denn eigentlich die Absicht dieses Umbaus gewesen? Sollte denn aus einem mehr als 30-jährigen Kinderspielzeug, das man für 50 – 80 € auf Börsen und bei Ebay kaufen kann, ein Kleinserienmodell werden? Nein. Die Idee war, aus einem Spielzeug ein Modell zu machen, das auch im Zugverband mit teuren Modellen von über 700 € eine durchaus gute Figur macht, trotz seiner Herkunft und seines Alters. Und ich denke, dass das bereits mit diesen Fenstereinsätzen und Rahmen gut gelungen ist, auch wenn natürlich noch viele weitere Verbesserungen an diesen Modellen möglich sind.

Doch darauf möchte ich eventuell in weiteren Artikeln noch weiter eingehen. Denkbar wären scheibengebremste Drehgestelle ohne Bremsklötze mit Angebot zum Abfräsen lassen, bessere Drehgestellbefestigung am Wagen und ein Eliminieren des Wackelns des Wagenkastens, eventuell mit Teilelieferung, oder Radlager für Drehgestellausführungen ohne Messinglager, auch eine Stromabnahme für eine Innenbeleuchtung, verbesserte Pufferbohlen mit Originalkupplung, Brems- und Heizschläuchen.

Natürlich wird dies aber noch einiges an Zeit brauchen, denn trotz neuem Privatleben fordern natürlich auch Arbeit und Alltag ihren Tribut. Aber vielleicht werden ja auch noch Beiträge und Vorschläge von Kollegen beigesteuert, die bereits weitere Verbesserungen und Umbauten an diesen Wagen vorgenommen haben, so dass vielleicht das Rad nicht nochmals erfunden werden muss. Ich danke da z.B. an die Inneneinrichtungen aus bedrucktem Zeichenkarton von Peter Willhelm (es gab darüber vor langer Zeit mal einen ARGE-Artikel) und die verfeinerten HERMANN Pufferbohlen eines Kollegen. Und wenn andere Modellbahner weitere Bilder von bereits umgebauten Wagen beisteuern würden, dann könnten vielleicht noch viele Rivarossi Wagen aus dem Dornröschenschlaf geweckt werden.

Lieferung der Fenstereinsätze

Eigentlich als Nebeneffekt aus den für mich selber entwickelten Fenstereinsätzen kann ich diese jetzt dank industrieller Fertigung auch für andere Interessierte anbieten, die mehr aus ihren Rivarossi-Wagen machen möchten:

  • Für Rivarossi Wagen mit silbernen Fensterrahmen:
    • kompletter Fenstersatz mit gefrästen Plexiglas-Fenstern für 1. und 2. Klasse Wagen, inkl. aller Einstiegstüren, auch am Wagenübergang
    • WC-Fenster Milchglas
    • Aus Neusilber geätzte Fensterrahmen, wo nötig als Übersetzfenster ausgeführt

Die Rahmen sollten z.B. mit TAMIYA TS-17 „gloss aluminium“ gespritzt werden, da die Neusilber Rahmen zu stark glänzen. Die Türrahmen (=Gummieinfassung) können mit TAMIYA TS-6 „matt black“ gespritzt werden. TAMIYA Farben haben den Vorteil, dass sie einfach in der Handhabung und fein pigmentiert sind, sodass sie die feinen Ätzungen nicht auffüllen. Zudem trocknen sie schnell. Je nach Bedarf sind 2 dünne Spritzvorgänge nötig. Komplettpreis: 63 CHF / 42 € zuzüglich Versandkosten (Versand ab EU möglich) für gepolsterte Versandtasche von 17 x 22,5 cm.

Erste Klasse Epoche 3

Erste Klasse Epoche 3

2. Klasse Epoche 3

2. Klasse Epoche 3

Detailansicht der Fenster

Detailansicht der Fenster

  • Für Rivarossi Wagen mit messingfarbenen Fensterrahmen (FS):
    • kompletter Fenstersatz mit gefrästen Plexiglas-Fenstern für 1. und 2. Klasse Wagen; inkl. aller Einstiegstüren, auch am Wagenübergang
    • WC-Fenster Milchglas
    • aus Messing geätzte Fensterrahmen, wo nötig als Übersetzfenster ausgeführt Die Rahmen werden von mir bereits mit einem Schutzlack versehen, damit sie nicht oxidieren sollten. Komplettpreis: 68 CHF / 45 € zuzüglich Versandkosten

Der vereinfachte Versand direkt ab EU kann dabei leider nur von Zeit zu Zeit erfolgen, d.h. ein bis zwei Wochen nach Bestellung.

Die Fenstereinsätze passen für alle Lackierungsvarianten.

Die Fenstereinsätze passen für alle Lackierungsvarianten.

Die Montageanleitung für das Einsetzen der Fenster und Aufkleben der Fensterrahmen kann man separat bei mir anfordern, da sie den Rahmen dieses Beitrags sprengen würde. Bei Bestellungen schicke ich diese aber sowieso per Mail mit.

Mail an Peter Lehmann:  pietro.lehmann (ätt) bluewin.ch

5 Reaktionen zu “Entstehung der Fenstereinsätze für Rivarossi Wagen”

  1. Wolfgang

    Hallo Peter,

    super Artikel und eine super Lösung, ich muss meine Wagen ja auch mal umbauen, da werde ich sicher auf dich zurück kommen. Aber mal eine andere Frage, ich dachte du lackierst die Wagen neu, warum lässt du dann die originalen Rahmen dran?

    Gruß,
    Wolfgang

  2. Andreas

    Hallo Peter,
    echt toller Artikel und gute Lösung, ich habe auch schon einen Rivarossi Wagen umgebaut und hatte das gleich Problem mit den Fenstern. Ich habe dies mit einem Silbernen Eddign gemacht. Ich habe nur eine Frage an Dich, und zwar wegen der Beschriftung: wo bekommt man diese her?
    Gruß,
    Andreas

  3. Lehmann Peter

    Hallo Wolfgang und Andreas

    Danke für Eure Rückmeldungen.
    Zu Wolfgangs Bemerkung:
    Ich lackiere nur Wagen neu, die ich auch aus den Rivarossi Wagen umgebaut habe, z.B. TEE, IR, IC etc.
    Aber die 1. und 2. Klasse DB und FS Wagen lasse ich im Original wie sie sind, denn die weisen ja eine sehr gute Qualität auf und ich selber sehe keinen Grund für ein Umlackieren.

    Zu Andreas’ Bemerkung:
    Das mit dem Silberstift für meine mit viel Aufwand (Abdecken und bis zu 3 versch. Spritzvorgänge allein am Wagenkasten) umlackierten Wagen war mir ein viel zu grosses Risiko. Denn zittert man einmal daneben oder der Stift ist nicht mehr ganz taufrisch…und das bei 20 Wagen…

    Die Beschriftungen bekommst Du alle bei Simrock. Er scheint für jeden Wagen die passende Beschriftung zu haben oder machen zu können. Ich bekomme sie jeweils ohne irgend eine Vorlage schicken zu müssen. Sicher haben sie ihren Preis, aber nach so einem Umbauaufwand sollte man nicht auf billige Decal Anschriften ausweichen. Mich würde es ein Leben lang stören.
    Bei einem Güterwagen, der dann noch ziemlich gealtert wird, mag es eine andere Sache sein…

    Gruss
    Peter

  4. Peter S.

    Hallo Peter Lehmann,

    Sie erwähnen eine CNC Fräse. Ich interessiere mich auc dafür. Wie heisst der Hersteller der Fräse, die Sie verwenden? Wie heisst das Modell? Wo kann man diese Fräse kaufen?
    Vielen Dank im voraus für die Antwort.

    Schöne Grüße

    Peter S.

  5. Lehmann Peter

    Hallo Peter

    Wie per Mail versprochen nun der Link zum Lieferanten dieser kleinen CNC Fräsen (Cosy),
    wie sie mein Kollege und ich besitzen:

    http://www.max-computer.de

    Für uns Modellbauer sind es optimale Werkzeuge mit einem sehr guten Preis-/Leistungsverhältnis.

    Gruss
    Peter