BR 64 – die Zweite, mit glatten Wasserkästen

Knapp neun Monate nach Auslieferung der ersten 64er mit der Betriebsnummer 64 295 bringt die Fa. Lenz in diesen Tagen die Variante mit geschweißten Wasserkästen auf die Gleise der Nullbahner. In der Abfolge entspricht dies zwar nicht der Vorbildsituation, denn die neue 64 024 mit geschweißten Wasserkästen entstand bereits 1928 bei Henschel & Sohn in Kassel. Die 64 295, so kann man auf dem Fabrikschild lesen, wurde dagegen erst 1934 von der Maschinenfabrik Esslingen geliefert. Insgesamt produzierten 15 verschiedene Hersteller 520 Maschinen dieser Baureihe, wovon die weitaus meisten in den Jahren 1928 und 1929 entstanden.

BR 64 mit geschweißten Wasserkästen

BR 64 mit geschweißten Wasserkästen

Die 64 024 war eine der acht  Maschinen eines Bauloses, das Henschel & Sohn 1928 fertigte. Die letzte Untersuchung fand laut Anschrift am Wasserkasten am 9.2.65 statt, damals war die Maschine der Direktion Nürnberg zugeteilt und im Aw Aschaffenburg beheimatet. Genau das gibt auch die Beschriftung am Modell wieder.

Voll geschweißte Wasserkästen wurden serienmäßig erst ab der 300er Nummer gebaut. So kann, nach Studium der einschlägigen Literatur davon ausgegangen werden, dass die neue 64 024 die Produktionshallen der Fa.  Henschel 1928 mit genieteten Wasserkästen verlassen hat, dann aber, wie viele andere Maschinen dieser Baureihe auch, im Zuge von Reparaturmaßnahmen die geschweißten Kästen erhielt. Sie sind die augenfälligste Veränderung, die die Gießener 83 Jahre nach Erscheinen des großen Vorbildes an dem gelungenen Modell vorgenommen haben.

Im Streiflicht schön zu erkennen: Glatte Wasserkästen...

Im Streiflicht schön zu erkennen: Glatte Wasserkästen…

... und die Wasserkästen mit Nietenreihen

… und die Wasserkästen mit Nietenreihen

Die Auslieferung der Variante zum Anlass zu nehmen, das Lied der üblichen Besprechung zu singen, hieße sich zu wiederholen. Detaillierung, Fahreigenschaften und Sound – all das wurde vor neun Monaten schon ausreichend besprochen und gelobt. Interessant ist in diesem Zusammenhang, dass die Fangemeinde damals nur wenig auszusetzen hatte: kein Personal im Führerstand (und meines Wissens hat bisher niemand erklärt, wie man das Modell leicht öffnen kann) und eine nicht überzeugende Imitation der Tenderkohle – das war’s im Wesentlichen. Und anders als bei der V100 und der V160 hat es nicht kurz nach Erscheinen schon die ersten Zu- und Umrüstteile gegeben – obwohl sich hier ein reiches Betätigungsfeld ergäbe. Doch dazu später.

Wasserkasten auf der Heizerseite

Wasserkasten auf der Heizerseite

... und mit genieteten Wasserkästen.

… und mit genieteten Wasserkästen.

So richtet sich der Blick beim Erscheinen des neuen Modells denn auch weniger auf Bekanntes als vielmehr darauf zu schauen, was genau der Hersteller denn noch geändert hat. Viel ist nicht zu entdecken: Die Beschriftungen sind natürlich geändert, wobei insbesondere die lupenreine Nachbildung der Fabrikschilder auf den Zylindern gefällt: Mit bloßem Auge kaum zu entziffern, aber unter der Lupe bzw. in der digitalen Vergrößerung der Kamera wird alles genau lesbar bis hin zur Fabriknummer. Die Anzahl der Elektropfeile ist reduziert worden.

Das Fabrikschild auf der Version mit geschweissten Wasserkästen...

Das Fabrikschild auf der Version mit geschweissten Wasserkästen…

... ist natürlich ein anderes als auf der Version mit genieteten Wasserkästen.

… ist natürlich ein anderes als auf der Version mit genieteten Wasserkästen.

Für die Bastler, Nietenzähler und Umbaufans ergeben sich einige gute Möglichkeiten. Beide Modelle der 64 lassen sich zu DRG-Maschinen (Epoche II) umbauen – Lenz hat bisher auch nicht angekündigt, eine entsprechende Variante zu bringen. Wichtigste Veränderungen neben der Beschriftung sind die Loklaternen: das dritte Spitzenlicht müsste beseitigt werden sowie die Stromversorgung dorthin hinter der Steckdose; auf die Rauchkammertür gehört ein Handrad und das Lokschild muss entsprechend nach unten versetzt werden. Veränderungen, die auffallen, können auch das Dach betreffen, denn die Belüftung des Führerstandes wurde im Laufe der Produktion verändert, indem der Aufsatz größer wurde. Die Bremsanlage zu verändern würde einen größeren Eingriff verlangen: Die meisten Maschinen hatten so wie Lenz es auch umgesetzt hat einseitig wirkende Bremsen und die Laufachsen waren ungebremst. Dennoch gab es auch Maschinen mit Scherenbremsen, die beidseitig wirkten. Die Fa. Hermann in der Schweiz hat in den letzten Tagen außerdem gezeigt, wie eine Maschine mit gebremsten Laufachsen aussieht. Eine weitere Möglichkeit zur Veränderung stellt der Umbau auf Scheibenräder an der vorderen oder hinteren Laufachse dar.

Rollt auch in Epoche 4: BR 64 mit geschweissten Wasserkästen

Rollt auch in Epoche 4: BR 64 mit geschweissten Wasserkästen

Epoche-IV-Fahrer müssen auf die 64 nicht verzichten, denn es gab beim Vorbild auch einige Maschinen, die noch auf Computerbeschriftung umgestellt wurden, allerdings nicht viele. Denn am 5.12.1974 wurde der letzte der insgesamt 520 Bubiköpfe, die 64 415, nach 2,8 Mio. km Laufleistung z-gestellt. Die Baureihe hat nun mit zwei Lenz-Modellen eine gelungene Umsetzung ins Modell gefunden.

Quellen zum Weiterlesen:

Bundesbahnzeit.de, und: Brandt, Josef, Die Baureihe 64. Reihe Stars der Schiene, Weltbild-Verlag.

11 Reaktionen zu “BR 64 – die Zweite, mit glatten Wasserkästen”

  1. Schönes Modell, aber …

    …hat es mit der späten Stunde zu tun, oder fehlt tatsächlich der Wasserkastendeckel auf der Heizerseite?

    Ratlose Grüße aus Wien
    Martin

  2. Hallo Martin,

    Soweit ich weiss, liegen die Deckel im Zurüstbeutel dem Modell bei..

    Gruss
    Simon

  3. Honsperger H.

    Hallo,

    nicht zu vergessen die BR 64 518 Museumlok in Huttwil / Schweiz als fahrfähige 1 : 1 dampfende Lok.
    Das Modell, Basis “Lenz” wird von Studio 45 und Herrmann angeboten.

    Grüsse Housi

  4. Martin hat es richtig gesehen: Ich hatte tatsächlich vergessen, die Wasserkastendeckel einzusetzen, bevor ich das Modell fotografierte. Der “Schweizer Umbau” von studio95 und Hermann war zum Zeitpunkt, als der Beitrag geschrieben wurde, noch nicht bekannt.
    Gruß
    Wolfgang

  5. sjaak van der Vrande

    Schönes modell aber ich würde die nummer änderen in 64 415,die lok fährt bei die VeluwseStoomtreinMaatschapij.

    Gruss
    Sjaak

  6. Holger

    Die Nietenzähler vom SNM haben es an den Tag gebracht: Die Fa. Lenz hat doch tatsächlich nicht der Vorbildsituation entsprechend die BR 64 gefertigt. Welch ein Fauxpas!

    meint nachdenklich

    Holger

  7. Thomas Otto

    Lieber Martin, Wolfgang hatte vor lauter Freude über (endlich) eine 64er mit geschweißten Wasserkästen die Maschine überhaupt nicht zugerüstet, denn die Tritte an der vorderen Pufferbohle fehlen auch noch, und die sind auch im Zurüstbeutel…
    Ich freue mich schon auf ein wunderbares Modell im Fahrzeugpark!
    Viele Grüße
    Thomas O. aus F. am M.

  8. Tut mir leid, Holger, Deinen Kommentar verstehe ich nicht. Ganz abgesehen davon: Als “Nietenzähler” habe ich mich nie gesehen.
    Gruß
    Wolfgang

  9. Tut mir leid, aber wie man meinen Hinweis darauf, dass die 64024 (geschw. Kästen) beim Vorbild früher entstanden ist als die von Lenz zuerst gelieferte 64295 (genietete K.) als Kritik verstehen kann, ist mir absolut schleierhaft. Haare in der Suppe fänden sich da leichter an anderer Stelle. Und: Wer zufällig meine Besprechung der V160 im SNM gelesen hat, kann mir Nietenzählerei wohl kaum vorwerfen.

  10. Bill Bishop

    The Lenz model is only valid for 64 001 – 64 367, after which the locos were longer than 12400 mm. These locos all had rivetted tanks, so 64 024 correctly represents a loco with replacement tanks. However the model has a long cab ventilator, and the early class 64 locos had short ventilators. So my model will be renumbered to 64 250, also built by Henschel. (Apologies for writing in English) Bill